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Gemischte Episode (Mischzustand)

Die Mischform der Bipolaren Störung zählt zu den komplexen und besonders schweren Formen einer Bipolaren Störung Typ I und kommt nicht selten vor (gemäß S3-Leitlinie zwischen 7-28%).

Während der gemischten Episode können (hypo-)manische und depressive Phasen/Symptome entweder im kurzen Wechsel (innerhalb weniger Stunden) oder gleichzeitig auftreten. Auch psychotische Symptome sind bei dieser Form möglich.

Die Betroffenen sind in gleichem Maße erregt oder getrieben und fühlen sich zugleich mutlos und deprimiert. Oder sie sind sehr motiviert und haben viele Ideen, allerdings fehlt der Antrieb und sie sind kaum oder gar nicht in der Lage zu agieren.

Gerade während einer Kombination von gesteigerter Aktivität und Depression ist die Gefahr für suizidale Gedanken, und in der Folge auch Handlungen, besonders hoch.

Eine frühe Diagnose sowie eine angemessene Behandlung sind daher von entscheidender Bedeutung, das Erkennen jedoch häufig schwierig, wenn wenig Erfahrung auf dem Gebiet der Bipolaren Störungen vorhanden ist.

Der Umgang mit der Mischform der Bipolaren Störung erfordert eine ganzheitliche, multidisziplinäre Herangehensweise, die medizinische, psychologische und soziale Aspekte berücksichtigt. Ein engmaschiger Kontakt zu den Behandelnden, nach Möglichkeit gemeinsam mit den Angehörigen, ermöglicht eine stetige individuelle Anpassung.

Gemäß der S3-Leitlinie liegt hinsichtlich gemischter Episoden sowohl für die medikamentöse Therapie als auch die Psychotherapie keine Nachweis bezüglich einer Wirksamkeit vor, da in keiner Studie mit ausreichend hoher Qualität die Auswertungen auf die gemischte Symptomatik abzielen und in keiner der vorliegenden Studien, auf die die Empfehlungen basieren, Betroffene mit akut gemischter Symptomatik getrennt analysiert wurden. Man kann daher die Empfehlungen nur hinsichtlich der Auswirkungen auf die jeweils depressiven / (hypo-)manischen Symptome hin aussprechen.

Die Gemischte Episode der Bipolaren Störung hat im derzeit verwendeten Diagnosekatalog ICD-10 den Diagnoseschlüssel F31.6: „Bipolare affektive Störung, gegenwärtig gemischte Episode“

Im neuen ICD-11 wird sie weiter spezifiziert diagnostiziert werden können.

Der Umgang mit Mischphasen der Bipolaren Störung stellt sowohl für Betroffene, Angehörige als auch Behandelnde eine besondere Herausforderung dar. Dies liegt an einer Kombination von Faktoren, die die Schwierigkeiten bei der Bewältigung dieser Phasen verstärken:

Für Betroffene:

  1. Emotionale Instabilität: Mischphasen sind von rapiden Stimmungsschwankungen gekennzeichnet, in denen Symptome von Depression und (Hypo-)Manie gleichzeitig auftreten können. Dies kann zu starken emotionalen Turbulenzen führen, die das eigene Verhalten und die Wahrnehmung der Realität beeinflussen können.
  2. Verwirrung und Unvorhersehbarkeit: Die wechselnden Symptome können Verwirrung auslösen und das Gefühl der Kontrolle über die eigene Stimmung und das Verhalten einschränken. Die Unvorhersehbarkeit der Mischphasen kann das Selbstvertrauen beeinträchtigen.
  3. Gefahr der Selbstüberschätzung: In den (hypo-)manischen Phasen können Betroffene dazu neigen, sich in riskante oder unverantwortliche Aktivitäten zu stürzen, während depressive Symptome sie davon abhalten könnten, angemessen auf diese Risiken zu reagieren.
  4. Suizidalität: Insbesondere beim Vorliegen von Mischphasen ist die Gefahr für suizidale Gedanken und Handlungen besonders hoch.

Für Angehörige:

  1. Hilflosigkeit und Überforderung: Die Unvorhersehbarkeit der Mischphasen und die intensiven Stimmungsschwankungen können Angehörige in eine Situation der Hilflosigkeit und Überforderung bringen. Es ist schwierig, angemessen auf die wechselnden Bedürfnisse des Betroffenen zu reagieren.
  2. Kommunikationsprobleme: Die Kommunikation mit einem Betroffenen während einer Mischphase kann herausfordernd sein, da die Stimmungsschwankungen die Kommunikation beeinflussen können. Angehörige können sich hilflos fühlen, wenn sie Schwierigkeiten haben, sich verstanden zu fühlen oder Betroffenen zu helfen.
  3. Balance zwischen Unterstützung und Grenzen: Angehörige müssen eine Balance finden zwischen der Unterstützung des Betroffenen und dem Setzen von notwendigen Grenzen.

Für Behandelnde:

  1. Komplexe Symptomatik: Die Mischphasen der Bipolaren Störung sind durch eine komplexe Kombination von Symptomen gekennzeichnet, die von intensiver Energie bis zur Erschöpfung reichen. Die Entwicklung eines angemessenen Behandlungsplans erfordert daher eine differenzierte Herangehensweise.
  2. Schwierigkeiten bei der Diagnose: Die Diagnose von Mischphasen kann aufgrund der Überlappung von depressiven und (hypo-)manischen Symptomen herausfordernd sein. Therapeuten müssen sensibel auf Veränderungen im Verhalten und in der Stimmung achten.
  3. Begleitung der Stabilisierung: Die Stabilisierung von Stimmung und Verhalten während und nach Mischphasen erfordert eine engmaschige Betreuung und Anpassung der Therapie. Dies kann sowohl für den Therapeuten als auch für den Betroffenen anstrengend sein.
  4. Pharmakotherapie: Bei der pharmakologischen Behandlung gemischter Episoden haben Medikamente Vorteile, die sowohl manische als auch depressive Symptome behandeln können. Verhindert werden sollte eine Zunahme von Unruhe, Nervosität und Schlafstörungen, um nicht in eine erhöhtes Suizidrisiko zu geraten. Eine Monotherapie mit Antidepressiva ist auch aus diesem Grund unbedingt zu vermeiden. Klassische Substanzen der ersten Wahl wären Quetiapin und Valproat. Weiterhin zeigen Aripiprazol und Olanzapin vor allem bezüglich der manischen Symptomatik therapeutische Effekte, können aber auch gegen depressive Symptome eingesetzt werden. Auch Ziprasidon kann gegen beide Symptome wirken. Mit Cariprazin steht eine relativ neue Option zur Verfügung, ohne dass hier bisher eine Zulassung erfolgte für die Bipolaren Störungen. Lithium gilt bei gemischten Episoden als weniger wirksam und Lamotrigin ist ebenfalls keine ausreichende Option. Wachtherapie ist eher kontraindiziert. Bei einer Therapieresistenz gibt es in der S3-Leitlinie (Kapitel 5.5.5) Hinweise auf mögliche Wege im Umgang damit.

Insgesamt sind Mischphasen der Bipolaren Störung aufgrund ihrer komplexen Natur und der intensiven emotionalen Veränderungen für alle Beteiligten eine Herausforderung. Eine umfassende Unterstützung, ggf. Anpassung der bestehenden Medikation, psychoedukative Maßnahmen und die Bereitschaft, sich auf die individuellen Bedürfnisse einzustellen, sind entscheidend, um den Umgang mit diesen Phasen zu erleichtern.

Stand: Juni 2024, NS mit MS



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