Kunst einen Raum geben - mehr Lebensfreude durch Kreativität
Viele Künstler: Innen waren in ihrem Leben von psychischen Problemen geprägt und haben in der Kunst - egal ob Malerei, Poesie, Musik oder Handwerkskunst - einen Weg gefunden, ihr Inneres nach außen zu tragen. Auch Vincent van Gogh (bipolar), sagte: “Da sind Emotionen, die die einzelnen Farben in mir wecken, während ich zeichne, große und intensive Emotionen.”
Deshalb hat sich das Redaktionsteam „in balance“ entschieden, dem Thema Kunst und Kreativität, mehr Aufmerksamkeit zu schenken. In dieser Ausgabe (InBalance 2022) stellen wir Ihnen einige Werke von Betroffen und Angehörigen und Profis vor, um auch Ihnen Mut zu machen sich künstlerisch zu betätigen, sich auf ihre Gefühle einzulassen um wieder zu mehr Lebensfreude zu gelangen.
Für viele von uns ist/war es ein Weg, bestimmte Situationen besser zu verarbeiten, Kunst, Malerei, Farben, sprechen eine eigene Sprache - die Sprache der Seele, die mehr als tauschend Worte sagt
Schon Goethe sagte: „Die Kunst ist eine Vermittlerin des Unaussprechlichem.“
Sich künstlerisch zu betätigen ist für mich eine Möglichkeit, Gefühle, Emotionen und Gedanken ohne Worte auszudrücken, Konflikte zu verarbeiten, schwierige Lebensabschnitte zu bewältigen. Die Welt um mich herum auszublenden oder einfach nur mal die Seele baumeln zu lassen, um das Gedankenkarussell zu stoppen. Mit Farben und Formen zu spielen ist heilsam. Farben können unser Denken, Fühlen und Handeln beeinflussen, die Fantasie anregen. Kreatives Arbeiten, Malen ist wie Meditation. Es kann helfen zu entspannen, inneren Frieden zu finden, los zu lassen, Geduld und Durchhaltevermögen zu lernen und Achtsamkeit zu üben.
Farben wirken ganzheitlich auf Körper, Geist und Seele. Farben haben eine energetische, physiologische und psychologische Wirkung. Sie wirken sehr komplex und tiefgründig, weitaus mehr als wir es uns mit unserem Verstand vorstellen können. Sie dringen in uns ein, arbeiten in uns, ob uns das bewusst ist oder nicht.
Ein Tipp von mir: Wenn sie zu Malen beginnen, versuchen sie es zuerst mit der Farbe, die sie am wenigsten mögen - die sie ablehnen, denn dahinter können sich negative Ereignisse, Blockaden verbergen.
Uschi Schneider Eichbaum, Angehörige, ganzheitliche Farbberaterin
Für mich bedeutet Kunst mit dem Moment zu verschmelzen. Alle Alltagssorgen lösen sich in Farben auf und ich finde einen Weg meinem Innenleben Ausdruck zu verleihen. Eine Möglichkeit, meine Gefühle auszudrücken, Konflikte zu verarbeiten und schwierige Lebensabschnitte zu bestreiten.
Wenn ich meinen Schlafzimmerteppich in ein Atelier verwandle finde ich dort einen Ort der Ruhe, in der sonst so turbulenten Welt. Wenn ich Aquarellfarbe auf dem Papier fließen lasse, kann ich die Kontrolle kurz abgeben und das Wasser entscheiden lassen, wo es hinfließen wird. Wenn die Gitarre auf meinem Brustkörper liegt und ich die Schwingungen in meinem ganzen Körper spüre, ist es für einen kurzen Moment so, als gäbe es da nur diese Schwingung und mich als Resonanzkörper. Und so gibt mir die Kunst einen Raum in dem ich so sein darf, wie ich bin.
Magdalena Meyer, Betroffene, Studentin der Philosophie
Ich begann im Jahr 2008 eine Ergotherapie bei Z.A.R.T. in Hannover. In diesem Zentrum für Arbeit, Rehabilitation und Tagestrukturierung lernte ich in der Glaswerkstatt, einem der dortigen Kreativ-Bereiche, die Mosaiktechnik kennen und blieb ihr treu. Es entstanden damals einige Werke auf unterschiedlichen Materialien wie bspw. Schalen, Gläser/Flaschen, Styropor/Styrodur und Holz. Noch während der Ergo-Zeit richtete ich mir in meiner Wohnung eine kleine Werkstatt ein. Seitdem konnte ich auch zu Hause an meiner eigenen Schleifmaschine, mit Spezialwerkzeug und vielen Ideen Projekte, auch als private "Auftragsarbeiten" und Geschenke, umsetzen.
"Mosaiken" ist für mich bis heute Kreativität und sinnvolle Beschäftigung. Es gibt mir Tagesstruktur und Stabilisierung in und nach depressiven/(hypo)manischen Phase und einen Sinn in meinem Leben. Mit der Mosaiktechnik kam damals ein weiteres kreatives Hobby hinzu, dass meine vorhandenen nicht nur erweiterte und ergänzte, sondern auch mein Durchhaltevermögen und meine Achtsamkeit fördert(e). Die bleibenden Werke waren und sind eine wertvolle Bewältigungsmethode meiner Bipolarität.
Anke Ziesemer, Betroffene, Dipl.-Sozialpädagogin/Sozialarbeiterin (FH)
Sichtbarwerden mit einer Bipolaren Erkrankung: Für Ärzte/Ärztinnen und im Gesundheitswesen tätige Berufsgruppen oft ein großer, dann bewusst gewählter Schritt. Der leider meist chronische Verlauf der Bipolaren Störungen kostet uns gesundheitliche Stabilität und unser Fachwissen kommt nur partiell dagegen an. Aber jenseits von angeeignetem Wissen kann Kreativität Betroffenen helfen, „Licht am Ende des Tunnels“ zu sehen, gesund zu werden und wieder Freude am eigenen Tun zu empfinden. Hier ein Plädoyer für Ergo- und Kunsttherapie im ambulanten u. stationären Behandlungssetting. Der Mensch ist mehr als seine Krankheit und als sein Beruf!
Gabriele Schöck, Betroffene, Ärztin für Allgemeinmedizin
Ada von Oppen
Magdalena Meyer
Gabriele Schöck
Anke Ziesemer
Uschi Schneider-Eichbaum
10.12.2024Abschlusskonferenz der BMBF-Forschungsgruppe SALUS
25.11.2024Informationsgruppe für Angehörige von Menschen mit Bipolaren Störungen
18.11.2024Film und Diskussion
25.09.2024Aufnahmen der Infoveranstaltung
Meet the Podcasters - Stimmen aus dem Bipolar-Spektrum