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Jahrestagung 2012

Hannover, 27. bis 29. September 2012

Bipolar in einer beschleunigten Welt


Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe DGBS-Mitglieder,

„Bipolar in einer beschleunigten Welt“ war das Thema der 12. DGBS-Jahrestagung vom 27. bis 29. September 2012 in den Räumlichkeiten der Medizinischen Hochschule Hannover. Mit dieser Thematik trugen wir der stetig steigenden Zahl von psychischen Erkrankungen Rechnung, die durch zunehmenden Stress am Arbeitsplatz und im Privaten verursacht oder ausgelöst werden. Gerade bei Bipolaren Störungen ist dies ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Mit ca. 550 Gästen war diese Tagung die bislang bestbesuchte in der Geschichte der DGBS. Dies und die stetig wachsende Mitgliederzahl lassen uns hoffen, in Zukunft noch mehr in Sachen Bipolare Störungen bewegen zu können. Dieses Krankheitsbild ist in der Öffentlichkeit und selbst in Fachkreisen noch immer viel zu wenig bekannt, woraus die hohe Zahl der spät, falsch oder gar nicht Diagnostizierten resultiert. Die Jahrestagungen sind neben der Vermittlung von Wissen in einem trialogischen Kontext auch Teil unserer Öffentlichkeitsarbeit, von der wir uns langfristig eine Verbesserung der Situation bipolar Erkrankter und ihrer Angehörigen versprechen.

Die Auftaktveranstaltung wurde in diesem Jahr von Martin Kolbe eröffnet; der selbst betroffene, einst sehr erfolgreiche Musiker gab sein erstes öffentliches Konzert nach 25 Jahren erkrankungsbedingter Bühnenabstinenz. Seine Songs, die von persönlichen Erfahrungen in und mit der Psychiatrie handeln, berührten sehr und wurden mit begeistertem Applaus bedacht. Anschließend referierte die „Spiegel“-Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen durchaus medienkritisch über die Stigmatisierung von Menschen am Rande der Gesellschaft, also auch von psychisch Erkrankten, gefolgt von einer überaus unterhaltsamen und anrührenden Lesung des Regisseurs und Schauspieldozenten Sebastian Schlösser aus seinem Buch „Lieber Matz, dein Papa hat 'ne Meise“.

Die folgenden zwei Tage boten ein dichtes Programm mit 18 Symposien, acht Workshops und vier Meet-the-Expert-Runden. Das Tagungsthema wurde in mehreren Veranstaltungen trialogisch beleuchtet, von der wissenschaftlichen Seite, z.B. die neurobiologischen Auswirkungen von Stress, über die mögliche Entschleunigung durch integrierte Versorgungsangebote bis zum Erfahrungsbericht eines Betroffenen, in dessen Lebenslauf eine plötzliche Ereignisverdichtung die Erstmanifestation der Erkrankung verursachte.

Dem altbekannten, aber immer noch aktuellen Thema Lithium wurde ein Symposium und ein Workshop gewidmet. Diese Substanz gilt immer noch als Goldstandard zur Phasenprophylaxe, auch laut der jüngst veröffentlichten S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie Bipolarer Störungen, ist aber in den vergangenen Jahren angesichts neuerer Entwicklungen mancherorts leider oft in den Hintergrund gerückt. Im Workshop wurde auch die Behandlung der akuten Manie mit diesem Wirkstoff thematisiert; eine Therapieoption, die vielen Ärzten nicht sehr geläufig sein dürfte. A propos Leitlinie: Hier konnten von Betroffenen- und von fachlicher Seite erste Ergebnisse und Erfahrungen vorgestellt sowie Vergleiche zu internationalen Leitlinien gezogen werden. Auch die fortwährende Aktualisierung und die für 2013 geplante Veröffentlichung in gedruckter Form, einer englischen Ausgabe und einer leicht verständlichen Version für Betroffene, Angehörige und interessierte Laien wurden besprochen.

Sehr gut besucht war das trialogisch besetzte Symposium „Bipolare Störung – eine Einführung“. Dies zeigt uns, wie wichtig es ist, solche Basisinformationen immer wieder neu anzubieten; besonders Patienten und Angehörige, die gerade erst mit der Erkrankung konfrontiert wurden, können hiervon sehr profitieren.

Eine kurze Aufzählung weiterer Veranstaltungen (detailliertere Informationen entnehmen Sie bitte dem Programmheft, Link zum Download weiter unten auf dieser Seite):

  • Komorbiditäten Sucht und ADHS
  • der neueste Stand der EX-IN-Projekte
  • Antistigmaarbeit
  • Neurobiologie affektiver Störungen
  • Rationale Kombinationstherapie der Bipolar-I-Störung
  • die „Sucht“ nach Manie
  • Möglichkeiten und Grenzen der Selbsthilfe
  • die Situation von psychisch Kranken in der Arbeitswelt
  • affektive Erkrankungen in der primärärztlichen Versorgung
  • aktuelle Aspekte der Bipolar-Forschung
  • die Eltern-Kind-Beziehung im Angesicht der bipolaren Erkrankung
  • Risiken und Therapiemöglichkeiten von somatischen Komorbiditäten
  • die Bedeutung des Trialogs für alle daran Beteiligten
  • konkrete Vorsorge für den Akutfall seitens der Angehörigen und Patienten
  • der aktuelle Stand des Aufbaus eines bundesweiten DGBS-Selbsthilfenetzwerks auf Landesebene.

Von den vielen hochkarätigen fachlichen Referenten seien hier nur einige wenige genannt:

  • Prof. Dr. Volker Arolt (Münster)
  • Prof. Dr. Hans-Jörg Assion (Dortmund)
  • Prof. Dr. Dr. Michael Bauer (Dresden)
  • Prof. Dr. Thomas Bock (Hamburg)
  • Prof. Dr. Peter Brieger (Kempten)
  • Prof. Dr. Detlef E. Dietrich (Hildesheim)
  • Prof. Dr. Waldemar Greil Kilchberg/Schweiz)
  • Prof. Dr. Oliver Gruber (Göttingen)
  • Prof. Dr. Ulrich Hegerl (Leipzig)
  • Prof. Dr. Georg Juckel (Bochum)
  • PD Dr. Kai G. Kahl (Hannover)
  • Prof. Dr. Bruno Müller-Oerlinghausen (Berlin)
  • Prof. Dr. Martin Schäfer (Essen)
  • Prof. Dr. Thomas G. Schulze (Göttingen)
  • Dr. Hans-Peter Unger (Hamburg-Harburg)

Beim Get-together nach der Auftaktveranstaltung und beim gut frequentierten Tagungsfest am Freitag bot sich die Gelegenheit, den bei der DGBS so wichtigen Trialog ganz praktisch umzusetzen.

Der Auftritt der Ex-Weltmeisterin im Luftgitarre Spielen Aline Westphal mit ihrer Truppe „Four versus Hellfire“ bei der Abschlussveranstaltung setzte einen heiteren und angenehm leichten Schlusspunkt unter ein umfangreiches und anspruchsvolles Programm. Wir würden uns sehr freuen, bei unserer nächsten Tagung in Greifswald vom 26. bis 28. September 2013 die diesjährigen und noch viele weitere Gäste wieder oder neu begrüßen zu dürfen.

Programmheft

Präsentationen, Handouts und Abstracts einzelner Veranstaltungen

Donnerstag, 27. September 2012

Eröffnungsveranstaltung

Martin Kolbe: Songs Between High and Low
Gisela Friedrichsen: Stigmatisierung von Menschen am Rande der Gesellschaft

Freitag, 28. September 2012

Symposium II: Entschleunigung durch regionale Versorgungsangebote

Hans-Jörg Assion: Der bipolare Patient in der psychiatrischen Institutsambulanz

Symposium III: Bipolare Störung - eine Einführung

Uwe Wegener: Die Bipolare Störung aus Sicht eines BetroffenenPräsentation

Symposium IV: Maniebehandlung und Prophylaxe - Update 2012

Martin Schäfer: Kombinationstherapie manischer Syndrome bei der Bipolar-I-Störung
Thomas Aubel: Update Behandlung der akuten Manie

Symposium VI: Bipolare Störungen, ADHS und Sucht

Mandy Roy: Bipolare Störungen und ADHS

Symposium VII: Beschleunigte Welten - wie groß ist der Einfluss der Umwelt auf die Erkrankung?

Martin Kolbe: Was meine Welt beschleunigte - und wie ich (nicht) damit zurechtkam

Symposium VIII: Neurobiologie affektiver Störungen: Elektrophysiologische Befunde

Georg Juckel: Neurophysiologische Untersuchungen des Serotoninsystems

Symposium X: Süchtig nach Manie

Martin Schäfer: Süchtig nach Manie

Workshop 3: Selbsthilfe: Möglichkeiten und Grenzen

Dietmar Geissler: Selbsthilfe - Möglichkeiten und Grenzen

Workshop 4: Psychisch Kranke in der Arbeitswelt

Hans-Peter Unger: Bipolar im Arbeitsleben bestehen

Meet-the-Expert II: bipolaris in Berlin - ein gelungenes SH-Projekt

Ramona Freitag: Chronik der Arbeit von bipolaris, Berlin

Samstag, 29. September 2012

Symposium XI: Die S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie Bipolarer Störungen - erste Erfahrungen nach Veröffentlichung und Vergleich mit internationalen Standards

Dietmar Geissler: Erste Erfahrungen von Seiten der Betroffenen nach der Veröffentlichung
Michael Bauer: Die deutsche S3-Leitlinie im internationalen Vergleich
Andrea Pfennig: Schritte zur Einführung der Leitlinie in den Versorgungsalltag der Patienten

Symposium XII: Affektive Erkrankungen in der primärärztlichen Versorgung

Heiner Melchinger: Psychotherapeutische Versorgung zwischen Hausarzt, Facharzt, Psychotherapeuten und Hilfsangeboten außerhalb der GKV

Symposium XIII: Depression - wirklich nur eine Gemütserkrankung?

Heinz Grunze: Chronobiologische Therapie der Depression
Marcus Ising: Stress und Depression - Einfluss genetischer Faktoren

Symposium XIV: Aktuelle Aspekte der Bipolar-Forschung

Stefan Mühlig: Zur Evidenzlage der psychotherapeutischen Akut- und Erhaltungsbehandlung Bipolarer Störungen - erste Ergebnisse eines neuen Cochrane-Reviews
Oliver Gruber: Funktionelle Hirnbildgebung bei Bipolaren Störungen

Symposium XV: Lithium - ein altbekannter Wirkstoff, dennoch nicht veraltet

Michael Bauer: Lithum 2012: Stellenwert in Leitlinien und klinischer Praxis
Bruno Müller-Oerlinghausen: Lithium in der Prophylaxe und Akutsituation
Ute Lewitzka: Die antisuizidale und antiaggressive Wirkung von Lithium

Symposium XVIII: Lernort Trialog

Kristin Voll: Trialog über Psychoseseminare hinaus
Siegrun Schreiber: Durch Trialog zu persönlicher Verantwortung und gesellschaftlicher Partizipation
Irmela Boden: Trialog als Wegbereiter zu mehr Lebensraumqualität

Workshop 8: Aufbau Selbsthilfenetzwerk der DGBS: Aktueller Stand

Dietmar Geissler: Lernort Selbsthilfe




Auftaktveranstaltung 2012

Die Eröffnungsveranstaltung war in diesem Jahr prominent besetzt: Nach dem selbst betroffenen Musiker Martin Kolbe, der hier seinen ersten öffentlichen Auftritt nach 25 Jahren erkrankungsbedingter Bühnenabstinenz absolvierte, sprach die "Spiegel"-Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen zur medialen Stigmatisierung von Menschen am Rande der Gesellschaft, also auch von psychisch Erkrankten; danach schloss eine Lesung des ebenfalls selbst bipolar betroffenen Theaterregisseurs Sebastian Schlösser aus seinem Buch "Lieber Matz, dein Papa hat 'ne Meise" diesen gelungenen ersten Abend in Hannover ab.


Presseberichte JT 2012

Interview mit dem DGBS-Vorsitzenden Prof. Dr. Georg Juckel anlässlich der Jahrestagung 2012
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