Mit rund 450 Gästen war die 15. Jahrestagung der DGBS, die vom 17. bis 19. September 2015 unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Schäfer als 1. Vorsitzender der DGBS und lokaler Organisator im Herzen des Ruhrgebietes stattfand, erneut sehr gut besucht. Damit festigt sich ihr Status als größter trialogisch aufgestellter medizinischer Kongress in Deutschland und als zweitgrößte Tagung im Themenbereich Psychiatrie nach dem DGPPN-Kongress. Besonders erfreulich ist die nachgewiesene und erwünschte trialogische Mischung: Von den Tagungsgästen waren über 90 Profis, etwa 80 Angehörige, 190 Betroffene und neu auch eine zunehmende Zahl von Pflegekräften.
Die Tagung stand unter dem Motto „Bipolar im Wandel der Zeit“. In der Auftaktveranstaltung in der Weststadthalle in Essen - als modernes Zeugnis des Wandels und der Industriekultur - ging Prof. Dr. Heiner Fangerau in seinem Festvortrag am Eröffnungsabend auf die geschichtlichen Hintergründe der Diagnostik und Therapie psychischer Störungen ein. Muffy Walker (USA/Zürich) stellte anschließend die International Bipolar Foundation (IBPF) vor.
Im Rahmen der Auftaktveranstaltung wurde zum zweiten Mal der Aretäus-Preis der DGBS für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Bipolaren Störung verliehen. Preisträger in diesem Jahr ist die Selbsthilfeorganisation bipolaris e.V., die in Berlin und Brandenburg auf Landesebene seit langem hervorragende Arbeit leistet. Die Preisverleihung und die beiden anderen Programmpunkte der Eröffnungsveranstaltung (Prof. Dr. Fangeraus Vortrag und Muffy Walkers Vorstellung der International Bipolar Foundation) wurden auf Video festgehalten und können auf dieser Seite angesehen werden.
Mit dem Tagungsmotto „Bipolar im Wandel der Zeit“ wurde ein Fokus auf den Verlauf und die speziellen Aspekte der Erkrankung in verschiedenen Altersstufen gesetzt. Besondere Beachtung fand in diesem Zusammenhang das Hauptsymposium zu Bipolaren Störungen im Kindes- und Jugendalter.
Erstmalig wurde die Tagung formal in einen wissenschaftlichen und einen trialogischen Part aufgeteilt. Grund hierfür sind die zunehmend rechtlich komplizierten unterschiedlichen Förderungs- und Sponsoringmöglichkeiten für wissenschaftliche bzw. trialogische Kongresse. Einerseits ist der Trialog zwar politisch derzeit sehr erwünscht, andererseits erweisen sich die vielen formalen Rahmenstrukturen von Krankenkassen, Behindertenförderung und Industrie noch als hinderlich. Trotz der formalen Trennung konnten alle Veranstaltungen von allen Tagungsgästen besucht werden, was auch rege genutzt wurde. Besonders positiv fiel u.a. die sehr interessierte Teilnahme von Betroffenen und Angehörigen auch bei hochwissenschaftlichen Symposien auf und natürlich auch die rege Beteiligung der Profis in trialogisch ausgerichteten Diskussionsrunden.
Wie in jedem Jahr wurden die aktuellen Befunde und Ergebnisse zur Behandlung und Erforschung von Bipolaren Störungen in verschiedenen Symposien vorgestellt. Neu waren breit aufgestellte Veranstaltungen zur Arztweiterbildung mit dem Titel „Update Bipolar 2015“ und ein State-of-the-Art Symposium zur Psychotherapie. Ein erstes Highlight war das oben schon angesprochene Hauptsymposium zur Bipolaren Störung im Kindes- und Jugendalter, in dem Experten aus Kinder-, Jugend- und Erwachsenenpsychiatrie sich den unterschiedlichen Aspekten dieser Erkrankung in verschiedenen Lebensphasen widmeten und auch kritische Worte zur momentanen Ausweitung der Diagnose „bipolar“ im Kindesalter fanden.
Zwei Forschungssymposien zeigten die ganze Bandbreite der wissenschaftlichen Anstrengungen zur Bipolaren Störung in Deutschland auf; so wurden u.a. Studien zu EEG-Forschungen, kognitiven Störungen und modernsten bildgebenden Verfahren berichtet. Letztere könnten dabei helfen, bereits früh die Bipolare Störung von der unipolaren Depression zu unterscheiden, was wichtige therapeutische Implikationen hätte. Auch gab es wieder ein Update zur Genetik der Bipolaren Störung; ein Feld, das derzeit wie kaum ein anderes wächst. In hochaktuellen wissenschaftlichen Symposien wurden zudem aktuelle Entwicklungen in der Diagnostik, medikamentösen Akut- und Langzeittherapie, bei Komorbiditäten und verschiedenste Aspekte der Psychotherapie vorgestellt und diskutiert.
Schon zum zweiten Mal war die Deutsche Fachgesellschaft für Psychiatrische Pflege (DFPP) mit einem dem Tagungsmotto entsprechendem Symposium „Change ahead – den Wandel gestalten“ vertreten. Ziel der DGBS ist es, auch gerade die psychiatrische Pflege weiterhin stärker aktiv in die Gesellschaft mit einzubeziehen.
Auch auf der trialogischen Seite wurden die Veranstaltungen zur Vermittlung eines Basiswissens nochmals gestärkt und intensiviert. Das zeigte sich auch in der wie immer sehr guten Nachfrage für das Symposium „Bipolar für Anfänger“, in dem die grundlegenden Fakten zur Erkrankung vermittelt wurden. Ergänzt wurde dieses durch ein „Update Medikamente“ sowie durch aktuelle Trends bei der Psychotherapie und Psychoedukation. Besonderen Zuspruch fand auch ein Workshop zu Schulden und rechtlichen Fragen – gerade bei Bipolaren Störungen (leider) oft ein wichtiges Thema. In einer Veranstaltung wurden von Profis, Betroffenen und Angehörigen in einem trialogischen Prozess all das zusammengetragen, was sich im persönlichen Umgang mit der Erkrankung bewährt hat. Der Trialog selbst ist ein ständiges und wichtiges Thema der DGBS. So wurde in einem Round-Table-Gespräch versucht herauszufinden, was Profis von Angehörigen und Angehörige von Profis erwarten. In einem weiteren Symposium diskutierten Betroffene, Angehörige und Profis über den „gelebten Trialog in der DGBS“.
Als ein ganz neues Experiment wurden von Sebastian Schlösser und Dr. Thomas Stamm in einem Workshop die trialogischen Rollen spielerisch neu verteilt: Angehörige fanden sich plötzlich in der Rolle der Behandler, Betroffene setzten sich mit der Position der Angehörigen auseinander und die Profis sahen die Situation in der Klinik mit den Augen Betroffener – eine Veranstaltung, die auf eine leichte und auch humorvolle Art ganz neue Perspektiven und auch das Verständnis des jeweils anderen förderte.
Selbsthilfe, Psychoedukation, Leben mit Psychopharmaka, Bipolarität und Arbeit sowie Suizidalität waren weitere Themen des trialogischen Teils.
In Meet-the-Expert-Sessions zu den Themen Langzeitbehandlung, Bipolar und Sucht, ADHS und bipolare Erkrankung, Akutbehandlung sowie Lithiumtherapie wurden von Fachleuten konkrete Fragen kompetent beantwortet.
Für die Abschlussveranstaltung referierte Prof. Dr. Heinz Grunze als Gründungsmitglied der DGBS in einem spannenden und unterhaltsamen Rückblick über die Entwicklung der Diagnostik und Behandlung von Bipolaren Störungen in den letzten 20 Jahren. Insbesondere gab er vielen Besuchern und Mitgliedern aus erster Hand interessante Einblicke in die Entwicklungsgeschichte und die frühen Anfänge der DGBS.
Die DGBS veröffentlicht die Präsentationen, Abstracts, Referate etc. nach der Tagung auf ihrer Website, soweit sie von den Referenten zur Verfügung gestellt werden. Die entsprechenden Dokumente stehen auf dieser Seite zum Download bereit; die Einträge werden laufend aktualisiert.
Die nächste Jahrestagung der DGBS ist geplant vom 15. bis 17. 9. 2016 in Chemnitz.
Download trialogisches Tagungsprogramm 2015
Download wissenschaftliches Tagungsprogramm 2015
Wie in jedem Jahr haben wir die Referentinnen und Referenten um die Einreichung ihrer Präsentationen, Manuskripte, Handouts etc. gebeten. Diese werden nach Eingang auf dieser Seite veröffentlicht.
Martin Kolbe: Laudatio zur Verleihung des Aretäus-Preises 2015 an bipolaris e.V.
Heiner Fangerau: Konzepte und Gesellschaft - Zur Geschichte des medizinischen Umgangs mit psychischen Störungen
Muffy Walker: Grassroots Advocacy - Hope, Resources & Support
Uwe Wegener: Werde ich je wieder normal?
Lars Schärer: Frühwarnsysteme ohne Krampf
Christopher Scharfenberger: Wann helfen wir wie - ohne uns aufzugeben?
Gerd Fiedler: Bekomme deine Schulden in den Griff!
Martin Niegisch: Die Manie und ihre rechtlichen Folgen
Eugen Biniasz-Schreen: Lernort Selbsthilfe - Chancen und Möglichkeiten für eine erfolgreiche Selbsthilfearbeit in der DGBS
Anne Römmelt: Beratung - Diskussion - Unterstützung: Selbsthilfe in der DGBS (Präsentation) und Script
Harald Scherk: Langzeitbehandlung
Hans-Jörg Assion: Antidepressiva - helfen die auf Dauer?
Jens Langosch: Muss Langzeittherapie sein?
Hans Peter: Erfahrungen mit psychiatrischen Medikamenten aus der Sicht eines Betroffenen
Christoph Werner: Wiedereingliederung und Berufsbegleitung bipolar erkrankter Menschen im Arbeitsleben
Erwin Lenk: Durch den Paragraphendschungel - ein Überblick
Martin Schäfer: Bipolar und Sucht
Symposium der Deutschen Fachgesellschaft für Psychiatrische Pflege (DFPP)
Bruno Hemkendreis: Wandelbare psychiatrische Pflege - Von der Enquète zur Fachgesellschaft
André Nienaber: Rollenwechsel - Partizipation und Teilhabe
Leitung: Sebastian Schlösser und Thomas Stamm
Andreas Reif: ADHS
Andreas Reif: Gibt es tatsächlich eine kindliche bipolare Erkrankung? - Eine transatlantische Perspektive
Melanie Henneck: Welche psychischen Erkrankungen können einer Bipolaren Störung im Jugendalter vorangehen?
Martin Holtmann: Die Klinik der Bipolaren Störung im Jugendalter
Tillmann Krüger: Praktische Erfahrungen mit Loxapin bei Patienten mit Bipolarer Störung
Lotta Winter: Psychotherapie bei agitierten Personen
Georg Juckel/Jakov Gather: Patientenverfügung als Mittel für eine selbstbestimmte Behandlung
Jens Langosch: Therapie der bipolaren Depression
Thomas Aubel: Therapieoptionen bei der akuten Manie
Hans-Jörg Assion: Langzeittherapie der Bipolaren Störung
Christian Sander: Vigilanzregulation bei uni- versus bipolarer Depression
Julia Volkert: Ergebnisse einer Studie zu kognitiver Remediation bei bipolaren Patienten
Julia Linke: Zuckerbrot oder Peitsche - Mentale Remediation von positivem und negativem Feedback bei Bipolarer Störung
Thomas G. Schulze: Aktuelle Befunde zur Genetik der Bipolaren Störung - alle Jahre wieder
Thomas Stamm: State of the Art - Psychotherapie bipolarer Patienten
Jana Fiebig: Achtsamkeit in der Psychotherapie bipolarer Patienten
Esther Quinlivan: Metakognitives Training bipolarer Patienten
Laura Reggiannini: Träume und ihre Verbindung zu affektiven Episoden bei Bipolaren Störungen
Michael Bauer: Langzeitbehandlung Bipolarer Störungen - Was sagen die Leitlinien?
Gerd Laux: Möglichkeiten webbasierter Psychotherapie
Thomas Aubel: Medikamentöse Therapie der Bipolaren Depression
Andrea Pfennig: Bipolarität und Angststörungen
Harald Scherk: ADHS und bipolar - was gibt's Neues?
Martin Schäfer: Update Alkohol - was kann man tun?
Hans-Peter Maier: Was Betroffene sich wünschen - Präsentation - Referat
Stefanie Hubert: Nachdenken über Trialog - aus der Sicht und Erfahrung einer Agehörigen
Martin Schäfer: Trialog - Chancen, Risiken und Nebenwirkungen
Hans-Joachim Thimm: Psychoedukation im Laufe der Zeit, insbesondere unter Einbeziehung von Angehörigen
Katja Salkow: Psychotherapie Bipolarer Störungen im Wandel des Behandlungsverlaufs
Frederik Haarig: Beurteilung der Evidenzlage unter systematischer Einbeziehung gewichteter patientenrelevanter Endpunkte - Abschlussergebnisse des BEPE-Projekts zur Patientenorientierung in der Evidenzbasierung
Stephan Mühlig: Befragungsstudie zur Erfassung der Versorgungssituation im Bereich der ambulaten Psychotherapie bei Patienten mit Bipolarer Störung
Reinhard Gielen: Mit Suizidalität leben? - Leben wollen und nicht können
Jens Langosch: Akutbehandlung
Ergebnisse dieser Veranstaltung
Gisela: Gruppendynamische Prozesse in einer Selbsthilfegruppe anlässlich einer Nachfolgesituation
Hans Peter: Selbsthilfegruppe als eingetragener Verein
Sok San: Gründung einer Selbsthilfegruppe für junge Bipolare
Uwe Wegener: Von der Selbsthilfegruppe zur Selbsthilfeorganisation
Khalid Murafi: Kinder psychisch kranker Eltern
Katja Salkow: Therapeutische Arbeit mit jungen Erwachsenen
Emanuel Severus: Lithium - Bewertung von Vor- und Nachteilen
Ronny Redlich: Bildgebung bei Bipolarer Störung
Marguerite Peritz: Der subjektive Sinn von Manie und Depression - Hamburger SuSi-Projekt
Emanuel Severus: Ambulantes Monitoring bipolarer Erkranungen
Thomas Bock: Partizipation in der Forschung - erste Ideen und Erfahrungen
Susanne Stolzenburg: Stigma und Inanspruchnahme von Hilfe
Lisa Janssen: Erste Ergebnisse der Angehörigen-Peerbegleitung und ihre Bedeutung für Bipolare Störungen
Theresa Weidland und Stephan Glismann: Multifamily-Ansatz - Bipolar Erfahrene und Angehörige in einer gemeinsamen Therapiegruppe. Konzept und erste Erfahrungen
Martin Schäfer: Veränderungen des Immunsystems bei der Bipolaren Störung
Sarah Kittel-Schneider: Die Rolle von fluiden Biomarkern bei der Bipolaren Störung
Michèle Wessa: Dynamik der Bipolaren Störungen - Eine Zukunftsperspektive auf neuropsychologische Mechanismen der Phasenübergänge
Ida Sybille Haußleitner: Retro- und Prospektives zum bipolaren Syndrom - Neue Ergebnisse
Martin Brüne: Mentalisierungsfähigkeit bei Patienten mit Bipolaren Störungen
Aleksandra Kulik: BiBo - Was sind Aspekte einer möglichst guten Versorgung bipolar Betroffener?
Heinz Grunze: Die bipolare Evolution - ein Rückblick auf die letzten 20 Jahre
10.12.2024Abschlusskonferenz der BMBF-Forschungsgruppe SALUS
25.11.2024Informationsgruppe für Angehörige von Menschen mit Bipolaren Störungen
18.11.2024Film und Diskussion
25.09.2024Aufnahmen der Infoveranstaltung
Meet the Podcasters - Stimmen aus dem Bipolar-Spektrum